Verhandlungspartner Kind

„Erziehung ist (k)ein Kinderspiel!“: Im Nachfolgenden stelle ich einige Möglichkeiten vor, wie man Kinder in Problemlösungen einbinden kann.

Wann diese Methoden angebracht sind und wie viel Sie Ihr Kind entscheiden lassen, können Sie ruhig Ihrer geschulten Intuition überlassen. Wenn Sie Ihr Kind mitdenken und mitreden lassen, dann fördern Sie seinen Weg in die Selbständigkeit und Eigenverantwortung.

Mitsprache in der Situation

Wenn Probleme auftreten, neigen viele Eltern dazu, die ihrer Meinung nach beste Lösung vorzuschlagen oder zu diktieren. Oft geht es auch anders, insbesondere bei Problemen, welche die Kinder selbst verursacht haben. Anstatt die Lösung vorzuschreiben, können Sie das Kind nach einer Lösung fragen.

Hier einige Beispiele:

  • Robert hat die Vase kaputt gemacht.

Anstatt: „Ich zieh dir zehn Euro vom Taschengeld ab!“
Lieber: „Mach mir einen Vorschlag, wie du mir diesen Schaden ersetzen kannst!“

  • Oma hat nächste Woche Geburtstag.

Anstatt: „Mach der Oma eine schöne Zeichnung!“
Lieber: „Womit kannst du ihr eine Freude machen?“

  • Tränen im Kinderzimmer:

„Deine kleine Schwester weint. Überleg dir, wie du sie trösten kannst!“

  • Die Mutter braucht Hilfe im Haushalt:

Anstatt: „Geh bitte Tisch aufdecken!“
Lieber: „Ich brauche deine Hilfe. Möchtest du Tisch aufdecken oder mir lieber beim Salatwaschen helfen?“
Hier bietet die Mutter eine eingeschränkte Wahlmöglichkeit an.
(Klare Anweisungen können manchmal auch durchaus passen)

  • Tino hat nächste Woche Schularbeit.

Anstatt: „Setz dich hin und lerne Vokabel!“
Lieber: „Du hast nächste Woche Schularbeit und mir ist wichtig, dass du dich gut darauf vorbereitest. Mach dir einen Lernplan und zeig ihn mir nach dem Essen!“

Bei all diesen Möglichkeiten entscheidet das Kind nicht über das OB, sondern das WIE.

Die Führungskompetenz und die Kontrolle bleiben bei den Eltern.

Sie nehmen das Kind ernst und trauen ihm was zu. Natürlich achten Sie darauf, auch selbst ernst genommen und nicht vom Kind ignoriert zu werden.

Vor- und Nachbesprechungen

Nachbesprechungen können helfen, etwas beim nächsten Mal besser zu machen. Nicht immer ist gerade jetzt der geeignete Zeitpunkt für konstruktive Gespräche, weil Sie es eilig haben, die Atmosphäre geladen ist oder Ihr Kind gerade jetzt auf Verweigerungstaktik schaltet. Anstatt auf Biegen und Brechen eine Lösung herbeizuführen, verzichten Sie auf den Machtkampf und geben einander „Time out“, also eine Verschnaufpause. Manchmal kann es hilfreich sein, „den Fuß in die Tür“ zu stellen, indem Sie Ihren Wunsch nach einem Gespräch sofort ankündigen: „Denk darüber nach!“ oder „Reden wir heute Abend darüber!“ Dann bitte nicht darauf vergessen!

Vorbesprechungen können helfen, konfliktträchtige Situationen schon im Vorfeld zu vermeiden.

Nachbesprechungen dienen dazu, einen bestimmten Vorfall aufzuarbeiten, Beobachtungen einzubringen und dergleichen mehr.

Hier einige Beispiele:

  • Das Frühstück wurde wieder allzu hektisch eingenommen.

Vater: „Es macht mir keinen Spaß, dass wir kaum Zeit zum Frühstücken finden und den Tisch fluchtartig verlassen. Überlegen wir uns heute Abend, wie wir die Zeit am Morgen besser organisieren können.“

  • Das Kind kann sich nicht entscheiden was es anziehen will.

Mutter: „Jetzt ist Schluss mit dem Hin- und Her- Überlegen. Du ziehst die rote Jacke an, basta! Reden wir heute Abend darüber, wie das mit dem Kleideraussuchen besser funktionieren kann.“

  • Beim Einkaufen im Supermarkt gab es wieder Theater.

Sie bringen diese stressreiche Situation so und gut wie möglich hinter sich und besprechen die Sache am Nachmittag oder Abend.
Fragen Sie Ihre Kinder, wie sie die Situation erlebt haben, was sie glauben, was für Mama schwierig daran war und wie man es nächstes Mal besser machen kann. Das setzt bereits eine gewisse Einsichtsfähigkeit seitens der Kinder voraus.

Viele Eltern werden staunen, wie gut auch schon kleine Kinder die Situation und ihr eigenes Verhalten reflektieren können.

Dann bringt man die eigene Thematik auf den Punkt und macht klare Vorgaben.

Vor dem Einkaufen wird besprochen, was gekauft wird und was jedes Kind selbst auswählen oder was es sich wünschen darf oder auch nicht, z.B. das Joghurt. Gibt es spontane Sonderwünsche, dann hat es zu lauten: „Mama, bitte darf ich…?“ und das Kind akzeptiert die Entscheidung der Mama, ohne zu murren. Vor dem nächsten Einkauf erinnert Mama die Kinder an die getroffene Vereinbarung, erst danach macht man sich auf den Weg. Bevor man den Supermarkt betritt, gibt es ein kurzes Signal zur Erinnerung: „Alles klar?!“

Gut kommt bei Kindern auch an, wenn man eine positive Erwartungshaltung ausdrückt. z.B.: „Heute zeigt ihr mir, wie schön Einkaufen mit euch sein kann!“ Hinterher sollte das gute Verhalten auch gewürdigt werden. Wenn alles schon lange problemlos läuft, so kann man doch hin und wieder vermerken: „Ich freue mich, dass ich so artige Kinder habe, mit denen ich so gut Erledigungen machen kann!“

Lob kommt am besten an, wenn man es sich überhaupt nicht erwartet.

Gehört nicht auch Selbstverständliches manchmal gewürdigt?

Vorbesprechungen

Vorbesprechungen können in vielen Situationen hilfreich sein. Dann wissen Kinder, was auf sie zukommt und was man von ihnen erwartet, sei es der Besuch eines Restaurants, des Theaters oder des Kinderarztes.

Terminvereinbarungen

Von größeren Kindern wird es sehr geschätzt, wenn die Eltern fragen: „Ich möchte mit dir reden. Wann hast du Zeit?“ Allein die Tatsache, dass Sie bereits bei der Terminabsprache mitreden dürfen, steigert ihre Bereitschaft zum Gespräch. Zusätzlich kann man hinzufügen: „Es geht um … Denk darüber nach, welche Lösungen für dich in Frage kommen.“

Sich der eigenen Wünsche und Erwartungen klar sein

Nicht nur das Kind oder der Jugendliche soll sich auf das Gespräch vorbereiten können, tun Sie es selbst auch! Überlegen Sie sich, was Sie sich von diesem Gespräch erwarten, welche Vorschläge oder Einwände vom Kind kommen könnten und welches Resultat für Sie zufriedenstellend wäre. Dies ist insbesondere deshalb vorteilhaft, weil Kinder und Jugendliche sehr gute Rhetoriker sind, wenn es um ihre eigenen Interessen geht und sie uns manchmal gekonnt ablenken, überreden oder gar unter Druck setzen können.

Eine zweite Chance geben

Wenn eine Vereinbarung gar nicht oder anders funktioniert als gedacht, muss man sich nicht damit abfinden. Anstatt genervt mit dem Kind zu schimpfen, sprechen Sie es an, geben Sie sich und dem Kind eine zweite Chance!

Die Familienkonferenz zur Problemlösung

Die Familienkonferenz ist ein wunderbares Instrument und sollte zur Familienkultur dazu gehören. Darüber möchte ich in einem eigenen Beitrag berichten. Es gibt auch ein gleichnamiges Buch mit dem gleichnamigen Titel.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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