Liebesbeziehung trotz Elternbeziehung - Über die Paarpflege im Familienalltag

Wir haben immer schon sehnsüchtig aufeinander gewartet: Zuerst nur, um einander endlich zu sehen, dann, um mit einem erleichterten Aufatmen sagen zu können: „Nimm bitte die Kinder!“

Vom Abküssen also zum Abklatschen.

Natürlich ist es pure Erleichterung, wenn nach schwierig zu begleiteten Tagen der Partner/ die Partnerin die Türe öffnet und eine/n gefühlt Schiffbrüchige/n retten kommt.

Aber immer wieder drängt sich die Fragen auf: Wo sehen wir uns (noch) so, wie wir uns vor der Zeit mit Kindern gesehen haben? Und wie schaffen wir es, uns neben den vielen Aufgaben, die das Elterndasein mit sich bringt, uns um unsere Paarbeziehung zu kümmern?

 

 

Zeit zu zweit im realistischen Rahmen


Der wohl meist gegebene Tipp, um sich im Trubel des Alltags nicht zu verlieren, ist, möglichst viel Zeit zu zweit zu verbringen. Ein romantisches Essen, kulturelles Programm, vielleicht sogar ein Wochenende als Paar…

Das sind wirklich schöne Gedanken, die aber ein gut funktionierendes Netzwerk an passender (Kinder-)Betreuung verlangen. Sollte es in der Nähe keine familiären bzw. freundschaftlichen Betreuungsmöglichkeiten geben, sind der Aufwand und die Kosten meist sehr hoch, was alleine die Kinderbetreuung anbelangt.


Als Eltern von Kleinkindern, die ihr Leben zwischen diversen Jobs und Studium balancieren und die nach einem langen Tag für die Kinder im Kindergarten auch froh sind, diese um sich zu haben, lieben wir es, uns Quality-Time für uns zwei nach Hause zu holen.


Ist es nicht viel wahrscheinlicher, UNS zu sehen, wenn wir uns alltäglich umsetzbare Paarzeit schaffen?

So halten wir uns die Achtsamkeit im Alltag füreinander fit, anstatt uns von einem kompliziert zu organisierenden Highlight zum nächsten hangeln!

 

 

Ein Date, sobald die Kinder schlafen

 

Als Elternteil kann man sich wohl gar nicht mehr daran erinnern, wann man es zuletzt geschafft hat, eine To-Do-Liste abzuarbeiten. Wenn man nicht mit oder gar vor den Kindern bei der Einschlafbegleitung einschläft, liegt es oft daran, dass der Kopf nicht zu rattern aufhört, was man noch alles zu erledigen hat, sobald das Kind schläft. Sei es der Computer, der wartet, die Wäscheberge, die weg müssen, oder unbeantwortete Nachrichten. Wenn es mal rundherum ruhig wird, stürzen wir uns raketenartig auf sämtliche Baustellen und merken oft gar nicht mehr, wie der Partner/die Partnerin daneben auf einen anderen Planeten abzielt.


An manchen Tagen haben berufliche Verpflichtungen einfach Vorrang, aber umso mehr können wir uns auf ein Date daheim freuen, das wir uns schon ein paar Tage davor im Kalender notieren und für das wir uns bewusst Zeit nehmen. Vielleicht hat man Lust auf einen gemeinsamen Film, oder lässt sich vom Lieferservice verwöhnen. Oft ist es aber auch einfach das Schönste, näher zu rücken und sich zwischen all der Hektik bewusst wahrzunehmen.

 

 

Einander aktiv zuhören

Wie oft fangen wir ein Gespräch an, um dann von den Kindern mehrmals unterbrochen zu werden!

Wir sind mit einem Ohr beim Spiel der Kleinen, oder sind gedanklich abwesend, weil sich endlich ein Leerlauf ergibt.

Seien es nur wenige Minuten, die wir uns täglich Zeit nehmen, wenn wir uns nach einem langen Tag endlich sehen: Es tut gut, sich mal kurz zu setzen, bewusst Gehör zu schenken und einander die Chance zu geben, sich mitzuteilen. Minuten, in denen wir nicht nur beiläufig danach fragen, wie der Tag war oder wie es geht, sondern versuchen, uns in den geliebten Menschen hineinzuversetzen.


Wenn sich mal Zeit für einen längeren Austausch ergibt, sei es bei einem Date oder vielleicht auch mal spontan, und nicht ohnehin etliche Fragen auf der Zunge brennen, gibt es zahlreiche durchdachte Gesprächsimpulse, die man als Unterstützung heranziehen kann, um den oftmals elterlich gestressten Small-Talk in einen Deep-Talk zu verwandeln:

 

  • So  hat sich beherzt.net diverse Kartensets einfallen lassen, die zu einem tiefergehenden Dialog einladen. Das Set „90 Fragen“ gliedert sich in Karten „über dich“, „über mich“, „über uns“ und führt mit seinen Anstößen zum intensiven Austausch zu „mehr wir".
  • Das Buch „Darf ich dich etwas fragen?“ beinhaltet ebenso einen Reihe von Fragen, die „punktuell, immer wieder mal und ohne vorgegebene Reihenfolge“ in der Paarbeziehung gestellt werden können und als inspirierende Unterstützung gedacht sind. Die Fragen stammen von der Systemischen Therapeutin Maria Neophytou von systemischesichtweisen.de
     
  • Auch auf paarzeit.de findet man eine Vielzahl von Impulsen für die gemeinsame Zeit, die schon in kleinen Zeitfenstern genützt werden können. Das Sortiment reicht von Fragekarten, einem Spiel bishin zu einem Adventskalender für Paare.
  • Adventskalender, aber auch Erlebnisboxen fürs ganze Jahr mit abwechslungsreichen Aufgaben in alltagstauglichen Portionen für die Zweisamkeit gibt es auch bei deine-zweisamkeit.de.

 

Gerade wenn man schon mehrere Jahre als Paar zusammen ist, lebt man oft in der Annahme, alles über den Partner/die Partnerin zu wissen. Wenn wir einander Fragen stellen, können wir Neues erfahren, uns doch noch überraschen lassen und uns gemeinsam weiterentwickeln.

 

 

Es sind die kleinen Zeichen, in denen die große Liebe steckt

Wir nützen Feste im Jahreskreis, um uns gegenseitig eine Freude zu machen.

Aber letztendlich sind es die kleinen Momente zwischen den Hoch-Zeiten, die uns kontinuierlich zeigen, dass wir lieben und geliebt werden:

  • Wenn schon der Zahnputzkopf auf der elektrischen Zahnbürste vorbereitet ist.
  • Wenn man beim Einkaufen einfach die Sachen mitnimmt, die dem Partner/der Partnerin schmecken, auch wenn man sie selbst nicht isst.
  • Wenn es keine Anlässe braucht, um sich zu beschenken, sondern wir uns gegenseitig einfach überraschen, wenn uns etwas ins Auge sticht, das uns an unsere/n Liebste/n denken lässt.
  • Wenn auf der Waffel das Apfelmus ein Herz bildet und der Kaffee mit aufgeschäumter Milch serviert wird.

Wenn man sich, noch bevor die Augen zufallen, vorm Schlafengehen zuflüstert: „Ich bin stolz auf dich!“.

 

Dankbarkeit fühlen und zeigen

Man neigt, mit dem Kopf in den aktuellen Aufgaben steckend, viel zu oft dazu, die Personen um sich herum, wie auch alles andere, als selbstverständlich zu sehen.

Obwohl alle und alles eine immense Wertschätzung verdient haben!

Gerade wenn man als Paar das Glück hat, Eltern sein zu dürfen und alleine dadurch schon unzählige Herausforderungen gemeinsam gemeistert hat, gilt es sich immer wieder dankbar vor Augen zu führen und auch zum Ausdruck zu bringen:

Wir haben so viel geschafft und wir sind schon so weit gekommen!

Liebe ist nicht selbstverständlich, sie braucht Beachtung, Pflege, Zeit und Fürsorge.

Und so wie alle Menschen und alle Paare unterschiedlich sind, ist es eine der großen Aufgaben, herauszufinden, was der eignen Beziehung gut tut und was sie gesund hält. Wenn man jedoch achtsam mit seiner Entscheidung für die Liebe umgeht und immer wieder nach Wegen fürs Miteinander sucht, kann Beziehungspflege, genauso wie die Kinder, eine sehr schöne Aufgabe sein, an der man gemeinsam wächst und stärker wird.

 

Abschließend noch ein paar Zeilen, was die Entscheidung füreinander für mich bedeutet:

 

 Es bedeutet, den Anker immer wieder zu lösen und gemeinsam Segel zu setzen.

Es bedeutet, mit dem anderen einen Kopfsprung ins kalte Wasser zu wagen und gemeinsam zu versuchen, wieder an die Wasseroberfläche zu gelangen.

Es bedeutet, dabei ungeahnte Welten zu entdecken und die buntesten Farben zu sehen.

Es bedeutet, auf die wildesten Schiffsfahrten zu gehen und dabei dem Sturm und dem Gegenwind zu trotzen.

Es bedeutet, dem Boot immer wieder einen neuen Anstrich zu geben und den Mast gelegentlich zu reparieren.

Es bedeutet, das Gemeinsame genießen von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, wie man sie davor nie gesehen hat.

Es bedeutet, den Kompass immer wieder aufs Neue auszurichten.

Es bedeutet ein innerliches Ankommen, auch wenn man sich von den wilden Wellen weiter tragen lässt.

Es bedeutet ein großes Abenteuer, das man alleine nicht nur nicht machen könnte, sondern sich auch nicht trauen würde. 

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