In der Ruhe liegt die Kraft

Wir lieben es Eltern zu sein und doch treiben uns die Aufgaben, die wir jeden Tag im rasenden Tempo zu bewältigen haben, oft ans Limit. Doch wie entkommen wir dem Hamsterrad und füllen auch im Alltag durch kleine, bewältigbare Übungen unseren Energietank?

Mit dem Elterndasein kommt ein Wirbel an Beschleunigung in unser Leben.

Wir lernen, vieles parallel zu machen, an so viel als möglich auf einmal zu denken und das alles auch noch schnell zu tun.

Wenn wir das gelernt haben, sind wir mit der Herausforderung beschäftigt, trotz aller Aufgaben wieder Ruhe in unser Leben zu bringen, Auszeiten zu nehmen, Momente der Entschleunigung zu schaffen und in kleinen Dingen Ruhepole zu finden, um im Strudel der Verpflichtungen als Elternteil nicht unterzugehen, gesund zu sein, man selbst zu bleiben und nur so auch in den Betreuungsmomenten genügend Kräfte für die Kinder zu haben.  

 

Fehlt die Möglichkeit, sich regelmäßig Unterstützung bei der Kinderbetreuung zu organisieren, wirkt schon eine Dusche oft wie Auszeit, obwohl das doch eigentlich zu den Selbstverständlichkeiten gehören sollte. Ein Wellness-Wochenende, ein Abend mit FreundInnen, ein ausgiebiger Café-Besuch… das alles bleibt im Alltag zwischen Familie, Job und Haushalt meist ein Traum und so gilt es mit kleinen Übungen Entschleunigung in den Tag zu bringen:

 

#1: Konsequente Übung, Gedanken fertig zu denken

Wie oft springen wir mit unseren Gedanken vom einen zum anderen Thema, ohne eines davon wirklich abzuschließen.

All das belastet unser Gehirn und lässt uns aus Überforderung zunehmend verwirrter fühlen. Blitzt mal ein anderer Gedanke dazwischen, hilft oft mal ein Post-it mit einer kleinen Notiz dazu. So blockiert es nicht weiter den Kopf und kann für später zur Seite gelegt werden.

 

#2: Listen

Listen sind allgemein ein gutes Mittel, um sein Gedankengut zu entlasten. Alles, was wir aufschreiben, auf Einkaufszetteln notieren, im Kalender verzeichnen, müssen wir nicht mit uns mit tragen und haben den Kopf frei für andere Dinge.

 

#3: Kleine Dinge abzuschließen, bevor das nächste angefangen wird

Das bedeutet mit Kindern meist eine ordentliche Herausforderung. Erst wenn das Erste abgeschlossen ist, kann das Nächste in Ruhe begonnen werden. Oft wird man von "Mami, ich brauche..." unterbrochen, lässt alles stehen und liegen und ist dann frustriert, weil man das Gefühl hat, nichts fertig zu bekommen.

Kinder lernen Geduld, indem sie kleine Zeitspannen abwarten müssen.

Immer wieder versichern: „Ich habe dich gehört, ich bin für dich da sobald ich kann.“,  „Warte bitte kurz!“ Sofern es sich nicht um einen Notfall handelt, wachsen auch die Kinder daran, wenn sie sich selbst damit auseinander setzen müssen, zu einer Lösung zu kommen.

 

#4: Prioritäten setzen

Eine andere Sache bedeuten große Projekte, wie berufliche Umstrukturierungen, Umgestaltung des Wohnraumes, eine große Reise, usw. Es ist eine eigene Kunst ständig Prioritäten zu setzen, was im jeweiligen Moment Vorrang hat und es hinzunehmen, dass Dinge dabei unabgeschlossen liegen bleiben. Vielleicht findet sich schon kurz darauf Raum dafür, vielleicht entwickelt sich das jeweilige Projekt mit etwas Abstand in eine andere Richtung, vielleicht löst es sich auch auf und stellt sich als für einen selbst nicht mehr relevant heraus.
 

#5: Meilensteine

Sollte man für ein großes Projekt brennen, lässt es sich durch das Setzen von Meilensteinen realistischer umsetzen.

Wähle neben dem Familienalltag bewältigbare Abschnitte, sodass du deinem Ziel Schritt für Schritt näher kommst, ohne dich dabei zu überfordern.

#6: Sag JA zu "Nein"

Eine bedeutende Fähigkeit ist jene  „Nein“ sagen zu können. Es ist eine der Einsichten, die einen spätestens mit dem Elterndasein einholt: Man kann nicht auf jedem Fest tanzen! Es ist für alle Beteiligten besser, eine klare Ansage zu bekommen, als sich dann mit einem halbherzigen Ja zu überfordern und nicht richtig bei der Sache zu sein.

 

#7: Genussmomente

Kleine Momente der Entschleunigung schaffen und sich selbst was gönnen. Sich nicht nur die kalte Milch in den Kaffee kippen, sondern den Milchaufschäumer anwerfen. Die Rolltreppe nicht hektisch hinauf rennen, sondern stehen bleiben und die Augen kurz schließen. Den Sandwich nicht am Weg zum Kindergarten verschlingen, sondern noch 15min Pause einplanen, um sich kurz auf eine Bank davor zu setzen.
 

#8: Self-Care

Sei dir selbst auch das wert, was du für deine Kinder machst.

Die Kinder haben nichts davon, wenn man im Strudel untergeht und dann körperlich und nervlich zu schwach ist für sie da zu sein. Wir müssen auch, gerade um lange für unsere Kinder fit zu sein, auf uns aufpassen.

 

#9: 80%? - 100%!

Wenn man sich 80% vornimmt, ist es realistischer 100% zu erreichen.

Nimmt man sich 100% vor, stellt man im Alltag meist zu hohe Erwartungen an sich selbst und hat dann das Gefühl, zu wenig zu leisten, obwohl man doch alles gibt.

 

#10: Lasst uns das Warten lernen!

Wir erwarten es von unseren Kindern und sind selbst oft mit Warteschlangen, Wartezeiten bei öffentlichen Verkehrsmitteln, etc. überfordert. Wie oft erlebt man im Supermarkt nervöse Blicke an den Kassen, ein Hin- und Herspringen von der linken Kassa zur rechten, weil es an der einen oder anderen dann doch schneller vorangeht. Sofern nicht eine Zugabfahrt, oder ein anderer wichtiger Termin ansteht, können wir die Zeit so gut für uns nutzen: auf den eigenen Atem hören, in uns hinein fühlen, unser Haltung korrigieren.

 

#11: Atme

Es gibt zahlreiche Atemübungen, die helfen Stress abzubauen und zu Ruhe und Gelassenheit im Alltag beizutragen. Atmen bedeutet für uns das Selbstverständlichste und doch will es gelernt sein, im jeweiligen Moment die passende Technik parat zu haben. Wenn man sich einige Methoden angeeignet hat, hat man das schnellste und ein sehr effektives Werkzeug bei sich.

 

#12: Grüne Mikropausen einplanen

Schon eine Minute Blick ins Grüne entspannt und fördert die Produktivität. Wenn also mal Überforderung auftritt, mit den Kindern raus ins Grüne oder zumindest am Weg nach Hause einen Umweg über den Park, die Allee, den nächstgelegenen Hügel machen.

 

#13: Aromaöle

Auch durch den Einsatz von Düften lässt sich eine wohlige, beruhigende Stimmung aufkommen. Aromaöle, die entspannen: Lavendel, Zirbe, Vanille, Kamille, Melisse, Neroli. So ist bei der Zirbe sogar wissenschaftlich nachgewiesen, dass sie pulssenkend wirkt.
 

 

#14: Wie wäre es mit entspannender Musik?

Beruhigende Klänge auflegen, oder lieber mal Ruhe ohne Beschallung? Man findet schnell für sich selbst heraus, was gut tut und dabei hilft, einen Gang runter zu schalten.
 

 

#15: Rückzugsorte

Was ist dein persönlicher Rückzugsort, den du immer bei dir trägst? Erdet dich ein Lied, wenn du daran denkst? Kommst du im Gebet zu dir? Schreibst du ein Tagebuch, in dem deine Gefühle Platz finden?

 

#16: Aussortieren!

Wir umgeben uns von Dingen, die Pflege und Verwaltung brauchen und somit auch unbenutzt unsere Aufmerksamkeit beanspruchen. All die Dinge, die in unseren Regalen und Kästen liegen, verteilen indirekt eine Botschaft: Die vielen Kochbücher, die noch nicht erprobt wurden, geben das Gefühl nichts Neues zu schaffen. Die Abendkleider, die ungetragen im Schrank hängen, erinnern daran, wie lange sich schon kein Anlass mehr ergab sie auszuführen. Eine wichtige Frage, um sich selbst also Stress zu nehmen, ist, wieviele Dinge uns in unseren vier Wänden gut tun, ob uns aktuell Unbenutztes mehr eine Last ist als dass es die freudige Aussicht auf andere Zeiten stellt.

Es bedarf wohl ein Leben lang, um all das zu verinnerlichen.

Oft scheint es schier unmöglich, weil unser Alltag sich offensichtlich ohne Selbstbestimmung mit Deadlines füllt, doch gerade dann können kleine Übungen helfen, zur Entschleunigung beizutragen und trotz maximaler Beanspruchung einen ruhigen Atem zu bewahren.

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