Ich bin meinem Kind peinlich: Wenn die Kinder zunehmend flügge werden

Es war gefühlt erst gestern, als man alles gemeinsam machte: Spazieren gehen, ins Kino, schwimmen. Doch die Zeiten ändern sich und Eltern werden „peinlich“.

Vor allem das gute alte Tastenhandy bei unserer Jüngsten (10) und das Smartphone bei unserer Großen (13) scheint diesen Prozess zu beschleunigen. Zumindest aus Elternsicht. Denn via Handy oder Smartphone tauschen sich unsere Mädels aus, vereinbaren Treffen und sind nicht zuletzt auch für uns im Fall der Fälle erreichbar.

Damit fällt es uns leichter, die „Zügel“ lockerzulassen, weil wir sie ja vermeintlich noch in der Hand haben. Wenn sich unsere Jüngste mit Freundinnen trifft, die Rollerblades im Gepäck hat und damit zu sportlichen Höchstleistungen aufruft, kann sie uns kontaktieren, falls doch etwas passiert.

Das Handy schenkt auch uns vertrauen. Unser Kind kann uns jederzeit erreichen.

Es ist dann so, als hätte man, trotz räumlicher Distanz, doch noch alles im Griff. „Zurufe“ von außen sind möglich, elterliche Anweisungen können gegeben und die vereinbarte Ankunftszeit zuhause gegebenenfalls noch präzisiert werden.

Fakt ist: Diese „Zügel“ sind ein wenig illusorisch und sie werden sich von Monat zu Monat lockern. Wenn Kinder nicht mit den Eltern reden wollen, heben sie das Handy einfach nicht ab, zu radikalen Mitteln, wie etwa Ortung des Handys oder minutiöser Überwachung der Handy-Kommunikation ihres Nachwuchses, greifen wohl nur wenige Eltern.

Niemand "ortet" sein Kind per Handy. Oder?

Damit bleibt also „nur“ noch das Vertrauen übrig. Das Vertrauen darin, dass man sich trotz elterlicher „Peinlichkeit“ noch immer auf der Ebene des gegenseitigen Vertrauens bewegt und einem auch wirklich alles oder zumindest alles in elternverträglicher Form erzählt wird.

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Wichtig ist dabei aber auch zugleich loszulassen und zugleich auch gewisse Schrauben enger zu drehen. Klarheit und klare Vereinbarung sind das Um und Auf, besonders in Zeiten des Flügge-Werdens. Vereinbarte „Ankunftszeiten“ zuhause sind keine grobe Empfehlung, sondern apodiktische Vereinbarungen. Es gibt daran nichts zu rütteln und zu diskutieren.

Vertrauen und das Bestehen auf Regeln sind zwei wichtige Säulen während des Flügge-Werdens.

In diesem klaren Rahmen, der gerne auch mit weiteren Vereinbarungen, wie etwa Zwischenanrufe und „Statusmeldungen“ bei Ankunft angereicht werden können, sollte man auch als Elternteil bereits beschriebenes Vertrauen walten lassen. Schutz und Rahmen tun gut, übermäßige Kontrolle sind kontraproduktiv. Im Rahmen des Rahmens muss Vertrauen vorherrschen, „Kontroll-Mechanismen“ können aber bei der Definition dessen eingeschliffen werden, wenn denn der Rahmen überhaupt ist.

Fazit: "Peinliche Eltern" gehören für Kinder zum Heranwachsen dazu.

Kurzum: Kein Grund zur Panik, wenn man als Elternteil „peinlich“ wird. Dem Nachwuchs kann man getrost, Schritt für Schritt unter oben beschriebenen Prämissen, seinen Freiraum geben. Denn in dieser Balance zwischen Freiraum, Kontrolle, Klarheit und Vertrauen kann auch das Vertrauen zwischen Eltern und Nachwuchs gut gedeihen. Letzten Endes ist das die Basis schlechthin im Prozess der stetigen „Abnabelung“ der Kinder von den Eltern und deren unmittelbaren Einfluss.

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