„Erziehung ist (k)ein Kinderspiel!“ – Der morgendliche Stress beim Zurechtmachen

Wie lässt sich der morgendliche Stress vermeiden? Unser Fallbeispiel zeigt, welche Rolle dabei Kommunikation und Beharrlichkeit spielen.

Die Mutter bereitet alles vor, um pünktlich zu ihrem Vorstellungstermin zu kommen. Als sie schon bei der Tür hinaus will, muss sie ins Bad zurück, weil klein Bernhard eine frische Windel braucht. Da kommt Ines (4) und will eine andere Hose anziehen. Die Mutter meint, dass nicht mehr genug Zeit zum Umziehen sei, doch Ines beginnt, sich umzukleiden.

Dickköpfchen

Die Mutter kennt das Dickköpfchen ihrer Tochter und lässt sie gewähren, um eine Auseinandersetzung zu vermeiden. Doch muss sie beim Wickeln unterbrechen, weil Ines den Zipp nicht zukriegt. Bernhard, kurz unbeaufsichtigt, schüttet die Reinigungsmilch um.

Jetzt verlangt Ines nach den roten Schuhen: „Die blauen passen nicht dazu!“ Die Mutter, hysterisch: „Nein, jetzt reicht’s!“ Unter Ines lautem Protest verfrachtet die Mutter die Kinder ins Auto. Dort kann sie sich nicht länger beherrschen und schimpft drauf los. Ein verbales Donnerwetter ergießt sich über die heulende Ines. Die Mutter erlebt sich selbst wie eine Furie. Sie hasst sich dafür. Was kann sie tun?

Grenzen ziehen, bevor die Situation eskaliert

Die Mutter darf nicht zulassen, dass ihr erster Einwand ignoriert wird. Oft genügt es, dass sie entschlossen wiederholt: „Ich habe nein gesagt!“ oder der Tochter ins Zimmer folgt und freundlich konfrontiert: „Nein, Ines, du kannst dich jetzt nicht umziehen. Wir haben es eilig!“ Generell ist es eine schlechte Gewohnheit, wenn Kinder sich nach Lust und Laune mehrmals am Tag umkleiden, vor allem wenn sie dabei die Kleidung achtlos fallen lassen.

Die Mutter muss beharren: „Du hast dir selbst die blaue Hose ausgesucht. Dabei bleibt es jetzt!“ Sollte sich Ines noch immer widersetzen, vielleicht sogar toben, sollte die Mutter wie angewurzelt vor ihr stehen bleiben und sie daran hindern, weiter zu machen: „Es bleibt dabei: nein!“ Fest im Entschluss, verständnisvoll in der Durchführung: „Tut mir leid, jetzt nicht! Auch wenn es dir schwer fällt!“ Nun kann ablenken helfen, am besten durch eine Aufgabe: „Komm und hilf mir! Ich muss noch deinen Bruder wickeln!“ Anerkennung geben: „Danke! Das war mir eine große Hilfe.“

Intensive Interaktion

Diese intensive Interaktion mit Ines dauert ein bis fünf Minuten, sicher aber nicht so lange wie die beschriebene Eskalation davor. Mit der Zeit gewöhnt sich Ines daran, Mamas Anweisungen zu befolgen, was definitiv Zeit und Nerven spart. Wenn sie ihre Führungsposition behauptet, kann sie die liebevolle Mutter bleiben, die sie ihren Kinder sein will und ihnen das geben, was sie wirklich brauchen: Liebe und Halt.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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