Sorgenkinder: Diese 6 Punkte sollten Eltern kennen

Ihr Verhalten liegt außerhalb der Norm, daher fordern Sorgenkinder ihre Eltern ganz besonders. Warum Eltern von Sorgenkindern Anspruch auf häufige Auszeiten haben und sicher sein dürfen, dass ihre Kinder glücklich werden können.

Hyperaktivitätssyndrom oder Aufmerksamkeitsdefizitstörung, Autismus oder Konzentrations- und Wahrnehmungsstörungen, immer mehr Eltern werden mit diesen Diagnosen ihrer Kinder konfrontiert. Kinder, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, für die jeder einzelne Entwicklungsschritt ein hartes Stück Arbeit bedeutet. Kinder, die schwer vergleichbar mit anderen Kindern sind, weil ihr Verhalten zumindest in einzelnen Bereichen außerhalb der Norm liegt.

#1 Sorgenkinder annehmen, wie sie sind

Ob schulische Schwierigkeiten oder soziale Probleme, ob es vermehrte Aggressivität, Nervosität oder Empfindlichkeit ist, die das Miteinander schwierig gestalten können, all dies macht es oft gar nicht so leicht, Sorgenkinder anzunehmen, wie sie sind. Es ist eine schwierige Gratwanderung für Eltern, den richtigen Weg zu finden zwischen der Notwendigkeit, diese Kinder fit für das Leben zu machen und zu akzeptieren, dass sie sich manches einfach nicht leisten können. Der Austausch mit anderen betroffenen Eltern, eine gute persönliche Beratung, aber auch einfach eine regelmäßige Verschnaufpause von den Schwierigkeiten können eine große Hilfe sein.

Gerade Eltern von Sorgenkindern benötigen besonders die Möglichkeit, sich zu erholen, um ein wenig Distanz zu den Problemen zu bekommen und so diesen Kindern wieder besser gerecht zu werden. Es ist besser, sich regelmäßig eine Auszeit zu ermöglichen, als die Probleme ausschließlich auf Schule und fachliche Betreuung auszulagern.

#2 Realistische Erwartungen an Therapien haben

Die Bandbreite der möglichen Therapien ist so groß wie noch nie; es ist beeindruckend, was hier als Unterstützung geboten wird und wie vielen Schwierigkeiten entgegengewirkt werden kann. Dennoch verführt dieses enorme Angebot oft zu der falschen Annahme, dass es für jede kleine Störung schon eine Therapie geben wird, die das Ganze behebt. Mancher Lehrer empfiehlt die eine oder andere Behandlung mit der Erwartungshaltung, dass er dann einen „normalen“ Schüler zurückbekommt.

„Welches Medikament nimmt sie denn nun?“, wurde die Mutter eines Mädchens mit Aspergersyndrom von den Eltern ihrer Mitschüler gefragt, die davon ausgingen, dass dann alle Probleme gelöst seien und das Mädchen kein „Störfaktor“ mehr sei. Diese Einstellung setzt Eltern von Sorgenkindern unter Druck. Denn die meisten Therapien können unterstützen, aber selten heilen. Es ist wichtig für Eltern von Sorgenkindern, sich dessen bewusst zu sein und die eigenen Erwartungen hier nicht zu hoch zu schrauben. Mit gewissen Schwierigkeiten gilt es einfach leben zu lernen.

#3 Ein Sorgenkind zählt für zwei

Die Zeit, die für Therapiebesuche oder eine intensive Lernunterstützung erforderlich ist, ebenso wie die Energien, die Eltern benötigen, um sich ihrer Sorgenkinder anzunehmen, lässt diese sehr oft an ihre Grenzen kommen. Vielleicht hilft es, sich selber klarzumachen, dass dies nicht an den eigenen Mängeln als Eltern liegt, sondern dass ein Sorgenkind einfach für mehr als ein Kind zählt.

#4 Das schlechte Gewissen nicht zum Begleiter machen

Viele dieser Eltern verfolgt das unbefriedigende Gefühl, dem Kind nicht wirklich gerecht zu werden. Täglich mit schwierigen und nervenaufreibenden Situationen konfrontiert, stellen sie sich häufig die Frage: Soll ich mehr oder weniger von meinem Kind verlangen? Mache ich alles falsch mit meinem Kind? Hinzu kommt der hohe – geradezu perfektionistische – Anspruch unserer Zeit an Erziehung, der es Eltern von Sorgenkindern schwermacht, einen gelassenen Blick auf die eigene Situation zu werfen. Aber gerade das wäre wichtig für alle Familienmitglieder: die Schwierigkeiten auch aus der humorvollen Perspektive sehen zu können.

Eltern, die sich um ihr Kind liebevoll bemühen, sollten kein schlechtes Gewissen haben. Ein schlechtes Gewissen ist meist ein schlechter Erzieher, der uns als Eltern oft dazu bringt, Dinge zu tun, die dem Kind erst recht nicht guttun.

Sorgenkinder brauchen neben der entsprechenden Betreuung vor allem liebevolle Annahme, ein herzliches Familienleben, viel Normalität, meist sehr klare Strukturen und nicht allzu viele Ausnahmesituationen.

#5 Auch Sorgenkinder können glücklich werden

Eine große Sorge, die Eltern von Sorgenkindern belastet, ist die Frage, wie sich ihre Kinder einmal entwickeln werden und ob sie glücklich werden können. Wir gehen heute irgendwie davon aus, dass es nur Kindern, die rundherum erfolgreich sind, gute Noten haben und auf allen Ebenen gefördert werden, gut geht. Aber Kinder können auf viele Weisen glücklich werden. Sie setzen dafür ganz andere Maßstäbe als wir Erwachsene an.

Nicht jedes Kind braucht viele Freunde oder zehn Hobbies, damit es ihm gut geht. Aber jedes Kind braucht ein Zuhause, in dem es sich angenommen und geliebt fühlt.

#6 Sorgenkinder lehren uns, dass Erziehung nicht alles kann

Erziehung soll anleiten, begleiten, persönlich führen. Erziehung „macht“ keine Menschen. Und schon gar nicht perfekte Menschen. „Einfache“ und unkomplizierte Kinder lassen uns manchmal irrtümlich glauben, dass dies Ergebnis unserer tollen Erziehung sei. „Wenn man als Eltern nur halbwegs engagiert ist und alles für seine Kinder tut, dann kommt schon das Richtige dabei heraus“, glauben wir. Besonders Sorgenkinder lehren uns, dass dies nicht so sein muss. Dass trotz großen Engagements und Bemühens, trotz aller Förderung, Schwierigkeiten fortbestehen können und ein Kind sich nicht zwangsläufig so entwickeln muss, wie wir uns das wünschen. Das zu erkennen ist gut, wir Eltern haben nicht alles in der Hand. Aber wir können immer und für jedes Kind ein Sicherheitshafen und Anker sein, der ihnen Halt gibt.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Christina Schmidt

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