Heiliger Martin feiern

Wenn wir dem heiligen Martin gedenken, feiern wir das Teilen. Eine wichtige Botschaft, die wir mit vielen Bräuchen zelebrieren – das sollten wir auch in städtischen Kindergärten tun dürfen.

Für viele Eltern ist es ein Highlight des Jahres, im November zum Laternenfest in den Kindergarten eingeladen zu werden. Es wird des Heiligen Martins gedacht, der vor ungefähr 1600 Jahren gelebt und gewirkt hat.

„Ich möchte ein Licht sein, das allen leuchtet“, soll der Heilige gesagt haben – und deshalb werden an seinem Namenstag (der am 11. November, dem Tag der Beerdigung des Heiligen, gefeiert wird) allerorts Kerzen angezündet, in Laternen gesteckt und Laternenumzüge durch die dunklen Gassen gemacht.

So bringen Kinder das Licht in die Welt, wenn die Abende länger und die Tage kürzer werden. Das Licht als tatsächliches Licht, aber auch symbolisch – denn es macht Freude, Licht im Dunkeln und fröhliche Kinder zu sehen.

Heiliger Martin, der den Mantel teilt

Seine bekannteste „Tat“ ist die Mantelteilung. Jeder kennt wohl die Geschichte: Der im heutigen Ungarn geborene Martin wurde von seinem Vater, einem römischen Hauptmann, nach dem römischen Kriegsgott Mars benannt. Als der junge Mann selbst in die römische Armee eingetreten und im heutigen Frankreich stationiert war, kam er an einem kalten Wintertag nach Amiens und traf am Stadttor auf einen im Schnee frierenden Bettler. Aus Mitleid mit dem armen Mann teilte Martin seinen Umhang mit dem Schwert und reichte ihn dem Bettler.

Was bitteschön macht man mit einem halben Mantel?

So weit, so gut. Aber haken wir hier kurz ein: Was bitte ist daran so toll, einem anderen Menschen einen halben Mantel zu schenken? Was fängt der mit einem halben Mantel an? Schon als Kind habe ich mir darüber Gedanken gemacht. Freilich, ich stellte mir einen Mantel mit Ärmeln vor und verstand daher nicht, was so toll daran sein sollte, dass Martin einen halben Mantel hergab! Keiner von beiden konnte doch davon etwas haben. Später stellte sich natürlich heraus, dass ein Umhang gemeint war, den man damals „Mantel“ genannt hatte. Nun zeigt mir aber die Erfahrung in der Schule, dass viele Kinder so denken wie ich: Warum schenkt er nicht den ganzen Mantel her?

Sicher: Kinder lernen aus dieser Geschichte, dass Teilen eine gute Tat ist. Dennoch hinterfragen sie, ob das für den Bettler genug war: Hat er mit dem halben Mantel den kalten Winter überlebt? Hat er auch etwas zu essen bekommen? Und ganz wichtig: Warum gibt Martin nur den halben Mantel her?

Kinder mit Laternen

Dies kann möglicherweise so verstanden werden: Martin steckte in einer „Uniform“ der römischen Armee. Höchstwahrscheinlich eine Art Rüstung, darüber der weite Umhang, der Mantel, möglicherweise tatsächlich, wie oft dargestellt, in Rot. Nun gehört aber diese Kleidung nicht ihm persönlich, sie ist Eigentum der römischen Armee. Wissentlich zerstört Martin einen wertvollen Mantel. Dieser wird nicht im Kampf für Rom zerstört, nein, er wird für einen armen Mann „geopfert“. Für einen Mann, der mit der römischen Armee, mit dem römischen Kaiser nichts zu tun hatte. Das ist für einen römischen Soldaten eine ungeheuerliche Tat, eine Art des Vandalismus, des Ungehorsams. Martin aber sieht das Leid des Mannes auf dem Boden. Er weiß, dass auch dieser ein Recht auf Leben hat. Er teilt den Mantel, um zu zeigen: „Wir Römer haben so viel! Wir haben den Überfluss! Jeder von uns kann mit der Hälfte dessen auskommen, was wir besitzen. Dieser Mann hat nichts. Ich habe viel. Das kann ich teilen und wir werden beide leben.“

Martin setzte ein Zeichen. Vielleicht wurde er sogar für diese zerstörerische Tat bestraft – wir wissen es nicht.

Was überliefert ist, ist, dass Martin in der darauffolgenden Nacht einen Traum hatte, in dem Jesus, gehüllt in den halben Mantel, zu ihm gesprochen habe: „Was du für diesen armen Menschen getan hast, das hast du für mich getan, für deinen Herrn, Jesus Christus. Du sollst ganz zu mir gehören! Geh und lass dich taufen!“ Und so wurde der römische Soldat Martin zum Christen, der bald darauf seinem Kaiser Julian das Schwert zurückgab und so seinen Dienst in der Armee quittierte.

Licht als christliches Symbol – im städtischen Kindergarten?

Martin, der Lichtbringer, hatte dem armen Bettler Licht im Sinne einer Überlebenschance gebracht. In Erinnerung daran zünden wir heutzutage Kerzen in Laternen an und ziehen als Lichtbringer durch die Straßen. Ein schönes Fest, das, wie oben bereits erwähnt, viele Eltern (und Kinder) freudig erwarten. Ein Fest, das für Christen untrennbar mit dem Christen Martin verbunden ist. Dennoch hat sich im Kindergarten meines jüngsten Sohnes – nachdem meine größeren Kinder im selben Kindergarten „Laternen- und Martinsfeste“ gefeiert hatten – Folgendes abgespielt:

Es wurde zum „Lichterfest“ geladen, statt im Kindergarten den heiligen Martin zu feiern. Davor hatten die Kinder Schiffchen aus Naturmaterial gebastelt (sehr hübsch übrigens!), ein batteriebetriebenes Teelicht darauf geklebt und in der hauseigenen Küche Lebkuchen gebacken. Es wurde auch ein Lied über Licht ganz allgemein eingelernt und zu einer instrumentalen Musik von CD ein kleiner Lichtertanz geprobt. Ganz in der Nähe des Kindergartens gibt es einen Park mit einem kleinen Teich. Beim Lichterfest wurden nun das Lied gesungen, der Tanz getanzt und die Schiffchen auf den kleinen Teich gesetzt. Dazu sollten die Kinder in Gedanken ihre ganz persönlichen Wünsche „an das Universum“ schicken …

Wünsche? An das Universum? Ich war zugegebenermaßen etwas verwirrt. Wer bitteschön nimmt denn im Universum die Wünsche der Kinder entgegen? Das unendliche Weltall, dieses unvorstellbare Alles und gleichzeitig Nichts, wo kommt denn ihr Wunsch dort an? Als ich meinen Kleine fragte, was er sich gewünscht habe, sagte er:

„Nichts. Ich weiß nicht, was das Universum ist. Ich bete dann am Abend wieder zum lieben Gott.“

Große Verwirrung also bei meinem christlich sozialisierten Kind und bei mir ebenfalls. Auf Nachfrage bei der Kindergartenpädagogin hörte ich diese Erklärung: „Mit Heiligen habe ich persönlich nichts am Hut, das Laternenlied ist mir zu altmodisch und wir haben viele Kinder in der Gruppe, die nicht christlich sind. Deshalb sollen wir keine christlichen Feste feiern. Wir haben eh den Lebkuchen geteilt. Jeder hat immer nur einen halben bekommen.“ Na, da war dann alles … klar.

Die christlichen Traditionen weitergeben

Unter „Integration“ wird leider häufig verstanden, dass man alles Christliche weglässt, versteckt, negiert – aber wäre es nicht viel sinnvoller, die Kinder zu informieren, ihnen zu zeigen, was bei uns gefeiert wird, ihnen zu erklären, warum? Niemand sagt, dass sie dadurch missioniert werden sollen. Von einem Mann zu erzählen, der einem Armen geholfen hat, indem er seinen Mantel geteilt hat, der für andere ein Licht sein wollte, indem er ihnen Freude bereitete: Da muss das Christentum nicht einmal erwähnt werden! Dass man in Erinnerung an diesen Mann bei uns Laternen bastelt und Kerzen anzündet – auch das geht ohne Erwähnung des Christentums. Es leuchtet allein schon wegen der dunklen Abende ein… Bitte einfach nachdenken, überdenken, bedenken!

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