Frust oder Freude? Eine Frage des Blickwinkels

Oft sehe ich nur, was alles nicht passt: die alte Couch, die Unordnung im Kinderzimmer,… Dann ist es Zeit, den eigenen Blick neu zu „kalibrieren“!

Ich gebe zu, dass ich manchmal durch unser Haus und den Garten wandere und nur eine To-Do-Liste sehe: die Badezimmermöbel sind nicht mehr schön, meine Geduld hat ihre Grenzen, der Gartenzaun ist noch nicht gemacht, die Deko ist nicht so hip wie auf Pinterest und das Kinderzimmer auf keinen Fall so hell und ordentlich wie auf Instagram. Ganz zu schweigen von den Blogger-Mamas, die immer total glücklich wirken und deren Kinder anscheinend alle bis 8:30 Uhr schlafen, fröhlich aufwachen und farblich abgestimmt gekleidet sind. Die Wände gehören gestrichen, die Couch ist schon ein bisschen durchgesessen und irgendwie ist nie alles fertig und erledigt.

Kennt ihr solche Tage? Ich bin dann innerlich frustriert und muss sehr aufpassen, das nicht an meiner Familie auszulassen.

Was hilft gegen Frust und Unzufriedenheit?

Ich bemühe mich, meinen eigenen Blick an solchen Tagen neu zu „kalibrieren“. Das ist echt schwer!

Was passiert, wenn ich das nicht mache? Meine Stimmung wirkt sich auf meine ganze Familie aus und vor allem bewirkt sie, dass ich immer unzufriedener werde. Ich sehe noch mehr Baustellen und Fehler, nicht nur in meinem Haus, sondern auch an meinen Mitmenschen, ganz besonders in meiner Familie.

Stattdessen atme ich tief durch, gönne mir eine ruhige Minute, schalte mein Handy ab, schaue mir keine Fotos von fremden Familien und neuen Trends mehr an.

„Gib mir ein frohes Herz!“ ist dann mein erstes Stoßgebet, gefolgt von „Danke für …“.

Danke für …

Danke für – das ist für mich der Anker geworden.

Danken kann man immer, selbst in den schlimmsten Zeiten. Danken macht mir jedes Mal aufs Neue bewusst, wie viel ich habe, ohne etwas dafür getan zu haben, wie viel mir geschenkt wurde und welches Glück ich in meinem Leben schon erfahren habe, einfach so.

An manchen Tagen fallen mir zuerst nur scheinbare Banalitäten ein: sauberes Wasser, ein Dach über dem Kopf, Friede in unserem Land, ein Arbeitsplatz. Das ist für mich selbstverständlich, für viel zu viele Menschen aber nicht!

Dieser Gedanke rückt alles wieder ein bisschen „zurecht“ für mich, wenn ich unzufrieden werde.

Und dann kann ich mich auch wieder freuen über meine persönlichen „großen“ Dinge: meine Familie, meine aktiven Kinder (auch wenn sie laut sind), meine liebevolle Ehe, meinen Glauben.

Ein neuer Blick

Wenn ich nach dieser Neu-Kalibrierung noch einmal durch Haus und Garten gehe, schaut die Liste schon anders aus:

Wir haben in unserem Haus schon viel geschafft und geschaffen! Und wie wunderbar, dass wir ein eigenes Haus mit einem großen Garten haben; das war nicht nur während der strengen Corona-Maßnahmen ein Segen!

Unser Garten bringt schon reichlich Ertrag und eigentlich kann man ohne Gartenzaun viel besser mit den Nachbarn plaudern.

Ja, die Couch ist wirklich etwas durchgesessen und hat einige Flecken, aber sie ist gemütlich und fast jeder Fleck erinnert mich an ein Erlebnis mit den Kindern oder Besuchern.

Die Deko ist vielleicht nicht trendy, erzählt aber von unserem gemeinsamen Leben. Und eigentlich finde ich sie hübsch, genau so wie sie ist!

Meine Kinder sind um spätestens 6:30 Uhr munter, können sich aber eine Stunde alleine beschäftigen und sind unglaublich fantasievoll und kreativ. Das Kinderzimmer ist deshalb nie ordentlich, aber sie nutzen ihre Spielsachen, anstatt sie nur auszustellen.

Und manchmal schaffen wir es am Sonntag sogar farblich zusammenzupassen, und selbst wenn nicht: Wir gehören einfach zusammen!

Unser Haus wächst mit uns mit

Zum Glück ist nie alles fix und fertig und Insta-fähig! Wir leben, lachen, weinen, lernen, spielen, streiten, glauben und wachsen hier!

Und manchmal ist es gut, ein bisschen etwas zu tun zu haben, dadurch wird das Haus immer mehr zum Heim, spiegelt alle Bewohner wider und wächst mit uns mit.

Nach dem zweiten Rundgang geht es mir viel, viel besser. Ich bin dankbar. „Contentment“ heißt es im englischsprachigen Raum, simpel übersetzt bedeutet das: Zufriedenheit. Ja, ich bin tatsächlich wieder zufrieden und sogar glücklich – mit mir und meiner Umwelt! Da schaut sogar der Fleck Acrylfarbe am Boden irgendwie fröhlich aus :).

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