Wie Kinder spielerisch im Alltag mithelfen können

In jeder Familie gibt es Aufgaben, wie Tisch decken, einkaufen usw., die von den Familienmitgliedern erledigt werden müssen. Kinder sind zwar in vielen Situationen sehr kooperativ und hilfsbereit und wollen auch zeigen, was sie schon alles können, nur fehlt manchmal die Motivation zum Mithelfen.

Um Kinder motivieren zu können, ist es hilfreich, gewisse Tätigkeiten in Spiele oder Herausforderung zu packen. Gibt es zu dem Spiel noch einen spannenden oder pfiffigen Namen, macht es gleich umso mehr Spaß. („Kellner spielen“ klingt besser als „Bitte bring den Teller zum Tisch!“)

Das Mitwirken in der Familie ist auch ein Schritt in Richtung Selbstständigkeit der Kinder, welche dabei Wertschätzung erfahren sollten. Kinder mit Worten nach den Tätigkeiten zu loben, bzw. sich zu bedanken, drückt eben diese aus.

Gerade, wenn Kinder bei gewissen Tätigkeiten mitzuhelfen beginnen, dauert es länger, als wenn man die Arbeit selbst erledigt. Doch Übung macht den Meister und die im Vorfeld zum Einüben investierte Zeit bekommt man später vielfach zurück.

Neben der Tatsache, dass Kinder besser in die Familie eingebunden sind, wenn sie am Alltag teilhaben und es auch den Tagesablauf erleichtern kann, können Fähigkeiten für den Familienalltag bzw. weiteren Schulalltag entwickelt werden. Die folgenden Beispiele werden dies aufzeigen.

  • Tisch decken und abräumen

Hier geht es nicht nur um die Tätigkeit, dass der Tisch gedeckt wird. Einige andere Kompetenzen lassen sich einbauen, die für die Schule hilfreich sind. So kann man dem Kind sagen, dass noch Besuch kommt und beispielsweise die Tante mitessen wird. Das Kind soll die richtige Anzahl an Löffeln und Gabeln herrichten. Es entsteht ein Bezug zum Mengenverständnis. Das Kind muss zählen und die gewohnte Anzahl des Bestecks auch verändern.

  • Kellnerin/Kellner spielen

Mit der Frage „Wer ist heute unsere Kellnerin/unser Kellner?“, also wer bringt das Essen zum Tisch, können die Kinder auf eine spielerische Art und Weise zum Mithelfen animiert werden. Auch Eltern dürfen Kellner/in spielen und Kinder bedienen.

  • Mithilfe beim Einkaufen
    Die meisten Kinder lieben es einzukaufen – am liebsten mit einem kleinen Einkaufswagerl. Da Kinder in diesem Bereich meist gerne mithelfen, freuen sie sich über Arbeitsaufträge wie: „Bringst du mir bitte fünf Bananen und drei Kiwis.“ Auch hier werden die mathematische Kompetenz sowie die Merkfähigkeit gefördert. Schafft es mein Kind, sich drei verschiedene Aufträge zu merken und diese auch auszuführen? In der Schule wird dies erwartet.
    Ebenso kann es konkrete Aufträge bekommen: „Bitte hole die Butter, die wir immer haben.“
  • Kochen – selbst gekocht schmeckt es am besten
    Wenn Kinder ein eignes Kochbuch haben und sich aussuchen dürfen, was gekocht wird, schmeckt es gleich viel besser.

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    Dieses Kochbuch ist mit eigenen Messbechern ausgestattet, die nach Farbe und Größe unterschiedlich gestaltet sind. Anhand der Farbe und der Anzahl weiß ein Kind, dass es beispielsweise 3 blaue Becher mit Wasser gefüllt in einen Topf geben muss. Aus drei verschiedenen Bänden habe ich mit meinen eigenen Kindern Rezepte gekocht und kann sie sehr empfehlen.
  • Möbel zusammen bauen
    Es wird mit dem Maßband gespielt, der Hammer genommen und mit dem Schraubenzieher herumgefuchtelt. Dies ist nicht die entspannteste Vorstellung und zugegeben, der Aufbau, selbst von kleinen Möbelstücken dauert mit Kindern um vieles länger – und auch Nerven.
    Gleichzeitig sehen Kinder, wenn man eine Anleitung verwendet, wofür welches Werkzeug nötig ist und sie sind auch sehr stolz, wenn sie mitgeholfen haben.
     
  • Selbst an- und ausziehen

Nicht alle Kleidungsstücke sind für Kinder leicht an- und auszuziehen. Wenn es einem Kind schwerfällt, sollte man als Eltern einfach mithelfen. Gerade, wenn Kinder sehr müde sind, benötigen sie diese Unterstützung, selbst, wenn sie es schon könnten.

(Aus der Erfahrung kann ich berichten, dass manche Eltern im Kindergarten dem 6-jährigen Kind die Hausschuhe anziehen, obwohl es dies selbst kann. Hier wäre es wichtig anzuerkennen, dass diese Hilfestellung nicht mehr benötigt wird).

Um das Öffnen und Verschließen verschiedener Verschlussarten zu üben, gibt es auch Würfel, wo auf jeder Seite eine unterschiedliche Art ist (Klettverschluss, Reißverschluss usw.…)

Gewand herrichten

Für manche Kinder ist dies eine Freude, für andere eine mühsame Tätigkeit. Gut an der Aktion ist, dass sich Kinder auch mehr für ihre Umwelt interessieren, da sie mit der Zeit nachfragen werden, wie das Wetter sein wird. Als Tipp: Wenn das Gewand schon am Vorabend hergerichtet wird, ist der Ablauf in der Früh schneller.
Die meisten Kinder benötigen dabei zumindest zu Beginn Hilfe – manche bis ins Erwachsenenalter. 

  • Saubere Kleidung selbst in den Kasten räumen

Auch diese Tätigkeit wird nicht bei jedem Kind Jubelschreie auslösen, da es die Spielzeit verkürzt. Eine Möglichkeit ist daher, diese Aufgabe als Spiel zu verpacken. Der Kleiderständer kann zum „Verkaufsstand“ werden und Kinder „kaufen“ ihre Kleidung und bringen sie „nach Hause“ – sprich in den Kasten.
Aus Erfahrung mit meinen Kindern ist das Spiel: „Botenäffchen“ sehr beliebt, bei dem die Kinder einen kleinen Spiel-Einkaufswagen haben und ein schnelles Botenäffchen sein dürfen, um ihre Sachen ins Kinderzimmer zu bringen.
Selbst wenn Kinder noch Hilfe benötigen, um die Kleidung gut zu verstauen, geht es um die Mithilfe bei gewissen Tätigkeiten, die zum Alltag der Familie dazugehören.

 

So gut es ist, wenn viele Tätigkeiten spielerisch verpackt werden, bedeutet dies jedoch nicht, dass Aufgaben immer nur dann erledigt werden, wenn man Lust darauf hat. Denn dies würde dazu führen, dass Kinder nach dem „Lust und Laune Prinzip“ handeln. Der dänische Familientherapeut Jesper Juul schreibt in seinem Buch „5 Grundsteine für die Familie“ dazu: „Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass wir die Integrität eines Kindes verletzen, wenn wir ihm etwas vorschreiben, statt uns zu erkundigen, ob es auch Lust dazu hat.“ (Juul, 2015, S. 42)


Er bringt selbst das Beispiel, in dem er seinen Sohn ersucht, den Müll hinunterzutragen und als Antwort die „Unlust“ zu spüren bekommt. Er entgegnet ihm, dass er auch keine Lust dazu haben müsse, um den Müll wegzubringen- Hauptsache er macht es.

Es gibt noch viele andere Bereiche, in denen sich Kinder einbringen können und in jeder Familie werden die eine oder andere Tätigkeiten mehr oder weniger gut integrierbar sein. Als Teil der Familie ist es wichtig, ein Teil des Alltags zu sein, bei Kindern erfolgt dies häufig auf spielerische Art – ebenso ist es voll ok, dass Dinge gemacht werden, weil sie getan werden müssen.

Quelle: Juul, J. (2015) 5 Grundsteine für die Familie. München:Kösel-Verlag

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