Erziehung ist (k)ein Kinderspiel – Mein Kind muss nicht grüßen!

Lassen sich höfliche Umgangsformen mit dem Ideal von Freiheit und Selbstbestimmung vereinen oder sind sie nur Ausdruck von Überangepasstheit?

Als der Vater vor dem Schultor auf seine Tochter Tina wartet, sieht er Sandra, die vor Kurzem auf Tinas Party war und grüßt sie freundlich. Als er keine Reaktion erhält, wiederholt er seinen Gruß, doch Sandra scheint ihn bewusst zu ignorieren. Da meldet sich selbstbewusst Sandras Mutter zu Wort: „Meine Tochter grüßt nur, wen sie will!“ Tinas Vater fehlen die Worte. Hinterher hätte er sagen wollen: „Hat es dir bei uns nicht gefallen? Dann sag es mir!“

Erziehung zu Arroganz

Offensichtlich betrachtet Sandras Mutter das Verhalten ihrer Tochter als Ausdruck von Emanzipation. Ihre Werte sind Selbstbestimmung und Non-Konformität. Mit ihrem „progressiven“ Erziehungsstil will sie es offensichtlich besonders gut machen und dem übertriebenen Konformitätsdenken in ihrer eigenen Erziehung entgegenwirken.

Doch das Gegenteil ist selten das Gute. Anscheinend verwechselt diese Mutter Erziehung zur Selbstbestimmung mit Erziehung zur Arroganz, bei Untergrabung natürlicher Autorität – ein Eigentor, wie sie womöglich in wenigen Jahren erfahren wird. Es geht nicht darum, Kinder zu „dressierten Affen“ zu erziehen, sondern ihnen Werte zum mitmenschlichen Umgang zu vermitteln, die auf echter Wertschätzung basieren.

Ausdruck menschlicher Würde

Wie fühlen wir uns, wenn wir von einer Verkäuferin ignoriert werden? Erwarten wir nicht, freundlich gegrüßt zu werden und meiden wir nicht Geschäfte, wo dies nicht der Fall ist? Jeder Mensch hat ein Bewusstsein für die eigene Würde, die wir von unseren Mitmenschen anerkannt sehen wollen. Im Gruß wird diese grundsätzliche Haltung zum Ausdruck gebracht. Darum schlägt sich die Freundlichkeit des Personals auch im Umsatz nieder und jeder Chef setzt gute Umgangsformen bei seinen Mitarbeitern voraus.

Grundlage für Erfolg

Mit ihrer arroganten Haltung wird Sandra früher oder später mit Ablehnung und Frustration konfrontiert werden. Ist es wirklich das, was wir uns für unsere Kinder wünschen? Höfliche Umgangsformen sind nicht dazu da, unsere Kinder zu feigen Untertanen zu erziehen, sondern zu ihrem Erfolg im Leben beizutragen, zusammen mit der Fähigkeit und dem Mut, Störungen anzusprechen. So lernen sie eigene Interessen zu vertreten, bei sozialer Integration.

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Ein Artikel von

Portraitfoto Maria Neuberger-Schmidt

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